Donnerstag, 3. Mai 2007

how i got my knasttätowierungen

Schon bevor ich überhaupt als Jugendliche galt, hatte ich, dank Großmutters gesundem Schlaf und ihres Kabelanschlusses, eine beachtliche Anzahl jugendgefährdender Filme gesehen. Das beeindruckenste cineastische Machwerk für Menschen unter dreizehn, noch vor Emanuelle und Nightmare on Elmstreet, kam mir aber ausgerechnet im Religionsunterricht unter. Zu einer Zeit als die mitschülerische Landjugend noch keine anderen Drogen als Alkohol kannte, sah der Lehrplan vor, uns mittels „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ einen therapeutischen Schock zu verpassen, auf dass in Hinkunft keines der Schäfchen vom rechten Weg abkomme.

Als Spross einer Hippiefamilie lies mich die Junkieromantik der Christiane F. völlig kalt, schon aus Prinzip und Protest (so hab ich auch in späteren Jahren nichts geraucht, dass keinen industriellen Fertigungsprozess durchlief - dabei hatte ich als Kind den Geruch von Vaters Kräuterpfeife sehr gemocht und die winzigen Kerne, die abfielen, wenn er sich ein Chillum stopfte, gegessen... Gut, ich dachte auch lange, es sei Brauch unter Rauchern die Zigarrette in der Runde weiterzureichen).

Für den Rest der Klasse tat sich eine neue Welt auf, wobei die wirkliche Faszination gar nicht so sehr im Gebrauch bewusstseinsverändernder Substanzen lag, sondern vermutlich vielmehr darin, dass die Protagonisten des Filmes ein tatsächlich existentes Sexualleben führten, dass sich nicht auf vage Fantasien und die ungelenke Heimarbeit Vollpupertierender beschränkte.
Nach diesem Film war nichts mehr so wie zuvor. Plötzlich erweiterten sich die einstmals harmlosen Pausengespräche um die Komponente „Hast du schon mal...?“, wobei sowohl Sex als auch Drogen gemeint sein konnten - Im Grunde hatte uns die Doppelstunde moralischer Belehrung vermittelt, dass unter Zuhilfenahme von Zweiterem, Ersteres leichter zu erreichen sei.

Ich selbst litt damals wesentlich mehr unter meinem kleinen Coolnessproblem als am nicht vorhandenen Liebesleben. Nach Konsum des Drogendramas lies sich allerdings zumindest mein Image aufpolieren – enthielt der Lehrfilm doch eine ausführliche Anleitung zur Selbsttätowierung.

Kaum aus der staatlichen Wiege heimgekehrt in Mutters gebatikten Schoß, nahm ich Nadel und Zwirn zur Hand, ein Fässchen Tinte, eine Kerze und reichlich alkoholhältiges Deodorant um mir fachgerecht Farbstoff unter die Epidermis zu injizieren.

tatoo

So kommt es, dass meinen Unterarm seither ein undefinierbares Testtatoo und ein misslungener Pferdekopf zieren. Am Oberschenkel dagegen befindet sich ein arg verwackeltes Ding, dass aus meiner Perspektive zwar als Drudenfuß und somit als Hommage an meine heidnische Erziehung durchgeht, sich im Stand jedoch als schnödes Pentagramm erweist. Am rechten Knöchel prangen auf ewig die Initialen meiner Jugendliebe, denn ich hätte es reichlich kindisch gefunden, es den anderen Mädchen gleichzutun und den Namen des jeweils Angebeteten in Hefte und Bücher zu kritzeln, ich wollte immer schon was Fixes.

Zwar wird der gewöhnliche Betrachter ohnehin nur meines Armschmuckes ansichtig, der je nach Intensität des Blickes meist für Dreck oder Kugelschreibergekritzel gehalten wird, trotzdem hatte ich, entgegen aller Prognosen, nie das Bedürfnis die jugendlichen Überbleibsel entfernen zu lassen. Allein schon deshalb, weil sich ansonsten wohl nie Szenen ereignet hätten, wie diese:
Ein volltrunkener Penner starrt mir auf Elle und Speiche, seine schmutzigen Gesichtszüge sammeln sich zu einem wissenden Grinsen, er beugt sich verschwörerisch zu mir herüber und flüstert Vertrauen heischend: „Wo hast denn gesessen? Mir kannst du`s ja sagen.“

Mittwoch, 25. April 2007

vorweihnachtlicher unfug

Jungfrau Maria die gebar
ein Kind, das wirklich hässlich war.
Drei Waisen aus dem Orient
die folgten ihren Schreien.
Josef hat all das verpennt
und fragte, wer sie seien.
Heut morgen war ein gelber Stern
in Melchiors Unterwäsche,
(er wechselt sie nicht allzugern)
doch fanden wir recht fesche,
die hing dort hinterm Dornenstrauch.
Melchior gefiel se, dem Kaspar auch.
Drum hat er sie gleich angezogen,
da ertönt Gebrüll, ganz ungelogen:
wir dachten `s gäb ein Freudenfest.

erwiderte das Lumpenpack
und packt den Mutterkuchenrest
in einen groben Jutesack.
Wir nehmen mit, was keiner braucht
- das wird dann am Bazar verkauft -
und investiern den Reinerlös
in Weihrauch und auch Myrre.

Der Josef blickte generös
und sprach: „Wenn ich nicht ürre,
dann seid ihr drei recht mittellos,
nehmt auch das Kind, mir ist`s zu groß.


denn merke: nächstes weihnachten kommt früher als nächstes ostern... auch diesmal wieder aus der bis dato literarisch bedeutungslosen kategorie sms-spontan-dichtung. (wer braucht schon versmaß, durchgängiges reimschema oder logische handlung?)

Freitag, 20. April 2007

die neue liebe rostet nicht

Ich habe Hubert geliebt. Ich habe ihn für einen Jüngeren stehen lassen, verraten und verkauft.

Der Neue war völlig überraschend in mein Leben getreten. Er war so seriös, so chic. Hubert und ich, wir waren ein Trash-Pärchen. Auf der Straße drehten sich die Leute nach uns um. Er war laut und schmuddelig, ich nicht minder. Nun aber war ich Teil der Society und kein Polizist hielt mich mehr an um mich zu fragen welche Drogen ich konsumiert hätte. Plötzlich war ich jemand, zumindest war sich niemand mehr sicher, ob ich nicht vielleicht doch jemand wäre. Die neue Rolle gefiel mir und lies mich die Zeit mit Hubert vergessen. Nur wenn sich unsere Wege zufällig kreuzten, kehrte die Erinnerung schlagartig zurück und mir wurde ganz wehmütig zumute.

Insgeheim zweifelte ich lange an meiner Entscheidung. Ich mochte Huberts proletoide Erscheinung, seine Ecken und Kanten, seine Marotten, er hat mich gefordert. Der Neue dagegen, ein Techniker, berechenbar, zuverlässig und ohne grobe Mängel, hat mich oft gelangweilt.

Bis unser erster Winter einbrach und mit ihm meine Laune. Als ich Ablenkung suchte, wenn mir daheim die Decke auf den Kopf fiel, hat er alles mitgemacht, wo Hubert längst gestreikt hätte. Als ich irgendwann schluchzend vor seiner Tür stand und Unterschlupf suchte, da wurde mir klar, dass ich ihn längst nicht mehr nur als Statussymbol sah, sondern als Gefährten. 

Mit niemandem zuvor habe ich auch nur annähernd so viel Zeit verbracht. Zu zweit erkunden wir die Welt. Er hat mich erwachsener gemacht. Er duldet meinen eigenwilligen Musikgeschmack. Samstags beim Einkaufen, wenn mich die rempelnde Hoferkundenmeute zur Weißglut getrieben hat, spielt er nur für mich „Aussenbordmotor“ von den Kassierern, die heimliche Hymne aller potentiellen Amokläufer, und nimmt es mir nicht übel wenn ich meine aufgestauten Aggressionen an ihm auslasse. Am schönsten sind Sonnenaufgänge, wenn wir Johnny Cash oder Bad Religion hören und ich ganz sentimental werde hat er stets irgendwo Taschentücher für mich parat.

Wir werden uns optisch immer ähnlicher, zum Glück nicht von der Statur her, für meinen Geschmack ist er eigentlich zu gedrungen gebaut.

Freiwillig würde ich ihn nie hergeben, trotzdem fahr ich gern zweigleisig. Dabei kommt er schnell auf Touren, nur ist er halt doch verdammt klein, das macht ihn etwas unmännlich, und für manche meiner Fantasien ist in seiner Welt schlichtweg kein Platz. Zum Glück toleriert er, wenn mich mal einer abschleppt, ich dagegen bin rasend eifersüchtig und teile ihn mit niemandem.

Einige Male kam unsere Beziehung schon ziemlich ins Schleudern. Meist ging es dabei um Finanzielles und ich erwog schweren Herzens die Trennung, aber nach nunmehr zwei Jahren, zwei Monaten und drei Tagen, nach dreiundfünfzigtausendzweihundertsiebenundachtzig gemeinsamen Kilometern müssen wir  dringend wieder mal zum Service, vor allem aber kann ich jetzt aus voller Überzeugung sagen: Ich hab meinen Smart noch viel, viel lieber als Hubert, den Nissan Micra mit Sportfahrwerk und Kassettendeck.

aus der kategorie frühwerke

Sättigung, dies Wohlgefühl
verlangt Geschick und auch Kalkül,
denn nicht wie einst in Höhlenwänden
verzehrt die Nahrung man mit Händen.
So schmaust der Asiate froh
mit Stäbchen und im Kimono
Der, jener sich mehr westlich zeigt,
zum Gebrauch der Gabel neigt,
die beinahe unentbehrlich
zuweilen jedoch auch gefährlich
(Weswegen man, solang bemuttert,
den Brei von einem Löffel futtert).
Es fasst der Mensch nun den Beschluss,
dass der ja etwas essen muss.
Dies Denken wird bald sehr zentriert
ist die Mahlzeit erst serviert.
Und olfaktorischer Genuss
beschert der ersten Speichelfluss.

Wird Nahrung in den Mund geschoben,
beisst man von unten und von oben,
dem Fallbeil gleich und ganz im Nu
mit Schneidezähnen kräftig zu.
Somit wäre der erste Bissen
noch nicht gekaut, doch abgerissen.
Die Happen bleiben nicht wo sie waren,
die Zunge schiebt zu den Molaren.
Dort wird zermalmt, gequetscht, gekaut,
doch lange noch nicht endverdaut.
Da unsrem Gaumen Nahrung schmeichelt
wird diese gründlich eingespeichelt.
Hernach rutscht durch den Rachenschlund
der Brei hinab zum Magengrund,
wird peristaltisch durchgerührt,
angesäuert und püriert.
(Das Zwerchfell drückt im Oberbauch
fallweis´ den Verdauungsschlauch.
Dann stösst’s sauer auf vom Magen,
der Saft reizt stark den Oesophagen.
Man spürt’s sofort – dies ist kein Jux!
Der Terminus hierfür: Reflux)
Vom Magen weg führt eine Pforte
zum weit entfernten Ausgangsorte.
Im Zwölffingerdarm wirken die Kräfte
der Gallen- und Pankreassäfte.
Die Brühe welche übrig bleibt,
wird vom Dünndarm einverleibt.
Kommt sie so einhergeschwommen
wird sie von Zotten aufgenommen.
Dort wird der Nährwert dann entzogen
und vom Körper aufgesogen.
Ein Rest jedoch bleibt unverdaut,
zum Teil da einfach schlecht gekaut,
doch Schuld trägt nicht allein die Hast,
manch Nahrungsteil ist schlicht Ballast.
(Und unter uns – ich sag’s vertraulich,
so manches was da schwer verdaulich
zieht unter einem mords Getöse
als faules Gas durchs Darmgekröse)
Ist der Dünndarm voll passiert
wird noch der Dickdarm anvisiert.
In eben diesem wird gepresst,
was uns hernach sogleich verlässt.

Wer selbst schon mal auf Reisen war,
dem ist vermutlich sonnenklar,
dass zumeist am Weg zum Ziele
Probleme lauern – oftmals viele.
Das Sodbrennen sei da genannt,
auch Magenschmerz ist vielgekannt.
So mancher leidet an Entbehrung
der gewünschten Darmentleerung.
Im Wurmfortsatz beliebt’s Mikroben
sich entzündlich auszutoben.
Böse Bazillen setzen heiter
den Appendix unter Eiter,
bis dieser reichlich angeschwollen
und der Bauchraum aufgequollen.
Druckempfindlich und gemein
ist diese Art der Leibespein.
Begleitet wird das Seitenstechen
oftmals von heftigem Erbrechen.
Zumeist lässt es sich nicht vermeiden,
die Leibeshöhle aufzuschneiden.
Der Chirurg wird dann probieren,
den kranken Darm zu extrahieren.
Einstmals drohte die Nekrose
doch heute gibt`s gottlob Narkose.
So lässt man, ähnlich den Tonsillen,
den Blinddarm ohne Widerwillen.

privataudienz

Du bist nicht angemeldet.

der pöbel unter sich

Ich finde die beamtenhaft...
Ich finde die beamtenhaft anmutende Pause in diesem...
bob (Gast) - 23. Dez, 10:14
Das ist doch unglaublich....
Das ist doch unglaublich. Glaub ich.
textorama (Gast) - 22. Sep, 17:11
Wohl eher ein naturhysterisches...
Wohl eher ein naturhysterisches Diorama. Die beiden...
textorama (Gast) - 22. Sep, 17:10
gemüsehunger, immer zur...
gemüsehunger, immer zur unzeit... längst licht aus...
p. (Gast) - 9. Aug, 04:03
gemüsefach hatte an dem...
gemüsefach hatte an dem tag bereits geschlossen.
MoniqueChantalHuber - 6. Aug, 07:58
auf n sprung ins gemüse?
auf n sprung ins gemüse?
p. (Gast) - 6. Aug, 03:56
klammern halten die großen...
klammern halten die großen scheine einfach besser zusammen.
MoniqueChantalHuber - 3. Aug, 16:08
Klammern anstatt Rettungsschirm,...
Klammern anstatt Rettungsschirm, sehr clever.
mq (Gast) - 2. Aug, 09:08
eine fabelnhafte idee.
eine fabelnhafte idee.
MoniqueChantalHuber - 1. Aug, 22:30
Ich überlege gerade,
ob es nett wäre, wenn sich könig egon ladislaus froschojewsky...
schreiben wie atmen - 1. Aug, 22:18

kundmachung

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Zuletzt aktualisiert: 24. Jul, 02:02

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