Donnerstag, 8. November 2007

elende inkonsequenz in sachen apportierunwilligkeit *

Nun ist es also offiziell, ich zähle zu den etablierten Bloggerinen. Man hat gewissermaßen eine virtuelle Freundschaftsbekundung an mich herangetragen. (Die ersten, längst überfälligen, noch etwas zögerlich vorgetragenen Beischlafanfragen sind nun endlich auch eingetrudelt - wenn das so weitergeht bin ich nächste Woche wömöglich schon A-Blogger).

Eingedenk meiner poesiealbenbedingten Traumata wollte ich dies zuerst stillschweigend ignorieren, jedoch, wann sonst hat man schon die Gelegenheit seine Themen so hübsch portioniert vorgesetzt zu bekommen, ohne sich wochenlang grämen zu müssen, wie man wohl am Besten die Ereignislosigkeit und Tristesse des eigenen Daseins in aufregende Wortmäntelchen kleidet, damit zumindest in den drei sporadischen Mitlesern Neid und Mißgunst aufkeimen, ob der Brillianz der geschickt kaschierten Nichtigkeiten.

Nun denn:

Liest Du gerne?

Die Abwesenheit geschriebener Worte macht mich, im Gegensatz zum gesprochenen Wort, hochgradig nervös. Nicht zu sprechen ist mir im Extremfall bis zu zwei Wochen am Stück möglich **, nicht zu lesen bzw. die mangelnde theoretische Verfügbarkeit von Druckbuchstaben wird mir allerdings bereits nach wenigen Stunden zur Qual.

In Haushalten ohne brauchbares Lesematerial beginne ich in meiner Verzweiflung die Beipacktexte von frei zugänglichen Medikamenten, Zahnpasten, Duschgels und Hautlotionen zu studieren, schlimmstenfalls greife ich sogar auf Frauenzeitschriften zurück.

Aufgrund meiner stark eingeschränkten Konzentrationsfähigkeit lese ich trotz umfangreicher Auswahl auch in meinen eigenen vier Wänden kaum etwas anderes.

Früher, ja früher, da hab ich wirklich viel gelesen. Seit 16 Jahren halte ich den Schulbibliotheksausleihrekord. Ich war in jungen Jahren chronische Akkordleserin. Je nach Schwierigkeitsgrad liefen durchschnittlich ein bis zwei Bücher pro Tag übers geistige Fließband. Bevorzugt Erzählungen aus dem thematischen Umfeld der Artussage.

Konnte ich einst in jeder nur erdenklichen Lebenslage lesen, auch wenn ich etwa auf dem Heimweg von der Schule das eine oder andere Mal aus Versehen gegen einen Baum oder Laternenpfahl lief, vertieft in die Lektüre wie ich war, so ist mir diese Fähigkeit irgendwann abhanden gekommen. (Gegen Laternenmasten oder Bäume laufe ich jedoch immer noch, das gehört anscheinend unweigerlich zur Choreografie einer Traumtänzerin)

Die konsequentesten Leseerfolge, also mehr als fünf zusammenhängende Sätze pro Tag, erziele ich neuerdings auf recht ungewöhnliche Art - auf der ledernen Couch des Bekannten lümmelnd, während der außer Hauses ist, um nichtsahnend seinem Broterwerb nachzugehen. Wenn ich eine um die andere Zigarette am offenen Fenster des feudalen Salons rauche, hinausblicke auf die pulsierende Stadt mit ihren prächtigen Fassaden, mir den Morgenmantel gürte, mich fühle wie die junge Geliebte, die Muse und ein bisschen vom jüdischen Wien um die Jahrhundertwende träume, kommt die Freude am Lesen zurück.

Wenn ja, welches Genre?

In meinen Regalen verstauben Unmengen an Pferdefachliteratur, ein Überbleibsel aus asexuellen Zeiten. Aufbehalten aus sentimentalen Gründen, vorsichtshalber aus dem direkten Blickfeld potentieller Besucher geräumt.

Des weiteren gibt es die Sektion Grafik. Von Mangazeichenanleitungen bis zu ultraschicken, budgetbelastenden Bildbänden. Nicht das ich das alles brauchen würd – schaut aber cool aus.

Überhaupt ist Coolness und Vorführbarkeit, neben dem Preis - den Großteil meiner Schätze beziehe ich aus Abverkaufsramschkisten kleinerer Bücherein - ein ganz wichtiger Faktor bei der Bücherauswahl.

Man muß bedenken, dass es ja durchaus im Bereich des Möglichen wäre, dass sich irgendwann mal jemand in meine Wohnstatt, insbesondere das bücherbergende Schlafgemach, verirrt.

Die Zurschaustellung anspruchsvoller Literatur ist doch, seien wir uns doch ehrlich, in erster Linie reines Imponiergehabe.

Nicht zuletzt deshalb finden sich an strategisch wichtigen Stellen meiner Wohnung wie zufällig platzierte Bücherstöße, die Belesenheit signalisieren und auf das favorisierte Klientel aphrodisierend wirken sollen - Ein bisschen Dostojewski hier, ein wenig Tolstoi da, dort ein wenig Goethe und den Kant, ja, den drapiere ich stets so, dass er zwar beeindruckende Wirkung zeigt, mir im Falle eines zu eindringlichen Interesses an meiner (de facto nicht vorhandenen) philosphischen Bildung jedoch die Möglichkeit zu Ausflüchten bliebe: „Ach, den schlepp ich nun schon seit Wochen mit mir rum, aber ehrlich, ich versteh ihn nicht.“ (An dieser Stelle erzeugt der Bildungsposingartikel, der bei für nicht geeignet empfundenen Anwärtern zur Abschreckung eingesetzt wird, den höchst stimulierenden „kleines Mädchen, das sich zumindest bemüht“- Effekt – die sprichwörtlichen zwei Fliegen mit einem Klappdeckel!)

Es finden sich auch einige Fantasy-Bände in meinen Regalen, vornehmlich Vertreter der Klamaukschiene, insbesondere Terry Pratchett hat viel zu meiner Erheiterung beigetragen.

Wörterbücher in unzähligen Sprachen, die ich alle nicht spreche, es allerdings wunderbar fände, sie zu lernen. Auch dienen papiererne Vokabelträger oder medizinische Lexika meinem Zeitverteib, wenn mir der Sinn nach leichter Unterhaltung steht. Es stimmt mich ungemein vergnüglich, ein ums andere detailiert erläuterte Wort zu lesen um es doch absichtlich misszuverstehen oder falsch zu betonen, um neue Bedeutungen zu kreieren.

Ja und sonst. Allerei. Von „Die schönsten Spinnen Europas“ bis „Lexikon der Töpferei und Porzellanerzeugung“ über „Glanz und Elend der Kurtisanen“, den gesammelten Fäusten und Willhelm Buschs Gesamtwerk hin zu recht leichtgängigen Romanen; nur wenig Blutrünstiges, kaum Modernes.

Kriminalromane und Technik sind vermutlich die einzigen Kategorien, die in meiner Sammlung fehlen.

Dein letztes Buch hieß wie?

Ziemlich parallel gelesen:
„Der Schüler Gerber“ von Friedrich Torberg
„Die Tapetentür“ von Marlen Haushofer
„Gefährliche Geliebte“, „Mister Aufziehvogel“ von Haruki Murakami

Würdest Du es weiterempfehlen?

Die „Tante Jolesch“ hat mich schon in Verzückung versetzt. Torbergs erfrischend unspektakulären doch präzisen, pointenreich mäandernden Erzählstil mag ich sehr gerne. Überhaupt bin ich halt einfach viel zu altmodisch veranlagt.
Merke: die Beschreibung heroischer Selbtbeschädigung mit lethalem Ausgang verliert, im semiadulten Stadium betrachtet, immens an ihrer einstmals als Lösungsansatz empfundenen Überzeugungskraft.

Marlen Haushofer hat mich wahrlich überrascht, um nicht zu sagen echt berührt, aber ich hab ja grad so eine sentimetale Phase... Ich hatte spröde Nachkriegsfrauenliteratur in Pastellfarben erwartet und fand stattdessen eine Charakterstudie vor, die aller Tragik zum Trotz, vor Galgenhumor und unerwartet klugen, teils erstaunlich feministischen Gedankengängen und Schilderungen strotzte. Nur, wie in recht vielen anderen Fällen, missfielen mir einige Traumsequenzen. Besonders interessant fand ich, dieses Buch zu lesen und mir zeitgleich mein fremdgeprägtes Bild der späten fünfziger Jahre, in denen die Geschichte spielt, in Erinnerung zu rufen und erstaunt darüber zu sein, wie wenig sich doch die Gefühle und Eindrücke unterscheiden, zwischen damals und heute.

Haruki Murakami dagegen halte ich für absolut überschätzt, miserabel übersetzt oder aber beides zusammen. Aus Enttäuschung über das erste Buch, las ich sogleich ein zweites und fand hierin meine Abneigung erneut bestätigt. Da tauchen Personen auf und verschwinden mitten in der Geschichte ins erzählerische Nirgendwo, ein schriftstellerischer Kniff, der „suspense“ erzeugen soll, letztendlich aber davon zeugt, dass der Herr Murakami einfach nicht weiß, womit er seine vielen Seiten füllen soll. Von wegen Mystery, der kann einfach keine Geschichten erzählen, keine in sich schlüssigen Kapitelgebilde schreiben. Die Hauptakteure beider Bücher, Männer Anfang, Mitte dreißig waren so beziehungsfähig angelegt, derart märchenhafte Weicheier, dass es sogar mich verkappte Romantikerin schauderte - Abgesehen davon hielt sich die Spannung ziemlich in Grenzen.
Ohne Bedauern zugeklappt, weggeräumt, vergessen.

Warum hast Du Dir genau dieses Buch zugelegt?

Nr.1 und 2 hab ich im Krankenhaus geklaut, einen Ringelnatz noch dazu, in der vorurtteilsbehafteten, womöglich koketten Annahme, außer mir würd das eh keiner lesen und schätzen, wo doch ausreichend Readers Digest und Groschenromane das schmählich vernachlässigte Bücherregal füllten.

Die Murakamis fielen mir in die Hände als ich wieder mal die Muse mimte.

Welches war das miserabelste Buch, das Du je in der Hand hattest?

"Endlich Nichtraucher", gscheite Methode, aber herausragend katastrophal geschrieben.

Ingvar Kamprads gehirnwäscheorientierte Selbstbeweihräucherung. Pflichtlektüre für jeden Ikeamitarbeiter.

Bist Du ein Bücherquäler? Entsorgst Du z.B. die Schutzumschläge, machst Eselsohren oder besudelst die Seiten?

Ein Buch ohne Gebrauchsspuren kann kein gutes Buch sein. Klinisch sterile, druckfrisch geplättete Seiten und Plastikeinbände machen mir ein Buch zutiefst suspekt.

Schutzumschläge werden, um sie zu schonen, meist beiseite gelegt, ziemlich oft allerdings verloren. Eselsohren entstehen an meinen Büchern allerhöchstens aus Unachtsamkeit, niemals aber um sie Seite zu markieren. Auch die Seitenbesudelung geschieht wenn, dann aus Versehen.

Was machst Du mit den Büchern, wenn Du sie gelesen hast?

Ein Gutteil wird gestapelt, gehortet, bisweilen unter mütterlich liebevollem Seufzen vom Bücherbord genommen, dabei ein bisschen gehätschelt und gestreichelt.

Weniger geliebte werden an ein gutes Plätzchen weitervermittelt (kastriert, geimpft, mit Schutzumschlagvertrag).

Die wirklich schrecklichen werden rücksichtslos an der nächsten Altpapiertonne ausgesetzt.

Von den Einrichtungsbüchern habe ich mich kürzlich gegen Bargeld getrennt. Es lies sich eine signifikante Tendenz in Richtung Landhausstil und Rüschenborten ausmachen, die mich, tiefenpsychologisch betrachtet, enorm ängstigte.

Stöckchen weiterreichen:

Ich alte Spaßbremse stehe der kettenbriefartigen „Stöckchen“-Durchseuchung des Webloguniversum ansich kritisch bis ablehnend gegenüber und somit sind diese Seiten rein aus Prinzip eine Sackgasse in puncto Weiterleitung. Außerdem gönn` ich das Vergnügen, welches mir das willkürliche Ausfüllen von Fragebögen bereitet, keinem anderen.

*kann Spuren von prä-?post-?menstrueller ach, keine Ahnung Boshaftigkeit enthalten.

**Anmerkung der Redaktion: don`t try this at home!

Mittwoch, 7. November 2007

allerseelen - family affairs

Der Onkel Pepi aus Australien ist zu Besuch. Er sieht jünger aus als siebzig. Vor zwei Jahren hat er aufgehört zu rauchen, seither beschwert er sich wenn sich jemand im Gasthaus eine Zigarette anzündet.

Er hat ein Zimmer bei der Tante Marianne. Sie kocht nur noch selten. Seit der Friedl, ihr Mann, letztes Jahr gestorben ist, nimmt sie Beruhigungsmedikamente. Vor ein paar Wochen ist sie in der Küche gestürzt und hat sich den Arm verbrannt. „Zum Glück ist nicht mehr passiert!“, sagt sie, wenn sie die Wunde neu verbindet. Manchmal geht der Onkel Pepi mit ihr ins Wirtshaus oder die Tante Rita kommt vorbei und bringt ihr eine Kleinigkeit mit. Sie hat sich über „Essen auf Rädern“ erkundigt, die Tante Marianne. Das soll ja heutzutage gar nicht so schlecht sein.

Wenn der Onkel Pepi ins Wirtshaus geht, dann geht er immer in das Wirtshaus, das früher der Gusti gehört hat. Wenn es draußen schön ist und die Gusti einen guten Tag hat, dann gehen sie nach dem Essen noch spazieren. Der Pepi und die Gusti, die wären beinah ein Paar geworden, damals nach dem Krieg. Aber dann ist der Pepi ausgewandert, nach Australien und ist Beamter geworden, hat geheiratet und Kinder gezeugt und die Gusti ist dageblieben und Wirtin geworden, hat geheiratet und Kinder geboren. Seit der Pepi in Pension ist, war er dreimal in Österreich. Beim ersten Mal ist er immer mit der Gusti in der der Wirtsstube gesessen und hat Karten gespielt und die Gusti, die hat sich ein gute Partie erhofft, sagen die Tante Marianne und die Tante Rita, die Oma hat das auch gesagt.

Letztes Jahr war er auch in Österreich, aber da hatte er eine Freundin in Kärnten. Die war auch bei ihm in Australien, aber es ist nichts Ernstes daraus geworden. Der Pepi sagt, sie telefonieren noch manchmal, aber das glauben die Marianne und die Rita nicht, die Oma glaubt das auch nicht. „Das war vielleicht eine fürchterliche Person“, sagen die Rita und die Marianne, aber die Oma sagt, dass die Marianne und die Rita beleidigt sind, weil die Mutter von der Susanne, die ja die Tochter von der Rita ist, gesagt hat, die Susanne hat auf der Uni soviel zu tun und muss sich auf eine schwere Prüfung vorbereiten und da hat die Freundin vom Pepi gefragt, was die Susanne denn studiert und dann hat sie gesagt: „Ach, Jus, das ist doch eh nur Auswendiglernerei.“

Aber jetzt, jetzt besucht der Pepi wieder die Gusti. So wie früher. Nur dass die Gusti nicht mehr Karten spielt. Früher, da hat sie auch gerne einen über de Durst getrunken und geraucht wie ein Schlot. Seit dem Schlaganfall ist alles anders.

Der Onkel Pepi überlegt, ob er sein Haus an der Coast verkauft. Ihm fallen oft deutsche Wörter nicht mehr ein, dann redet er in Englisch weiter. Die Oma sagt, sie ist froh, wenn er wieder weg ist und sperrt die Wohnungstür ab. Manchmal, wenn sie darauf vergisst, kommt der Pepi auf einen Sprung und Kaffee und Kuchen vorbei. Die Oma nickt dann immer und sagt jaja. Wann denn die grandchildren wieder kommen, fragt der Pepi oft und die Oma sagt jaja. Und manchmal, wenn die Rita bei der Marianne war, dann kommt die Rita, eh nur auf einen Sprung, auch zur Oma. „Erst das mit dem Friedl und dann noch diese schlimme Geschichte mit der Sabine“, sagt die Rita und seufzt. Danach geht sie auf den Friedhof und zündet eine Kerze an. Die Oma räumt das Kaffeegeschirr weg und sperrt die Wohnungstür wieder zu.

Einmal ist der Pepi mit der Rita mitgegangen auf den Friedhof. Weil ja der Steinmetz die Grabinschrift für die Tante Anni am Familiengrab anbringen musste. Das wollte er sich ansehen.

Die Oma und die Marianne gehen nur alleine auf den Friedhof. Blumen gießen und abgestorbene Blätter wegzupfen. Wenn die Marianne den Steinbottich in der Mitte des Grabes, in den die Oma Vergißmeinnicht gepflanzt hat, wieder verschoben hat, dann rückt die Oma ihn dahin zurück wo er ihrer Meinung nach hingehört.

Früher hat mich die Oma immer mitgenommen auf den Friedhof. Das war mir unheimlich. Dort hat es gestunken und ich hab mir gedacht, das sind die Leichen, die so stinken. Dabei war neben dem Friedhof ein Bauer, der hat Schweine gezüchtet. Ich bin immer vor einem Grab stehen geblieben, da war eine Schwarzweiß-Fotografie von einem kleinen Mädchen drauf. Die Oma hat mir Geburts- und Sterbedatum vorlesen müssen und die Geschichte erzählen, von dem Mädchen, das nur fünf Jahre alt wurde, weil es an einem Luftballon erstickt ist. Dann erst hab ich die Gießkannen aufgefüllt und quer über den Friedhof geschleppt.

Später hab ich manchmal dabei daran gedacht, wie das war, als der Opa gestorben ist. Das war in der Nacht bevor sie ihn aus dem Krankenhaus entlassen hätten. Die Oma hat schon eine Heimhilfe angestellt gehabt. Aber in dieser Nacht hat sich der Opa plötzlich aufgesetzt in seinem Bett und es hat ausgesehen, als würde er nach etwas suchen und dann war er tot. Das hat sein Zimmernachbar erzählt.

Beim Begräbnis ist in der Kirche auf einmal einer von seinen alten Saufkumpanen aufgestanden und hat ein Lied für den Opa gesungen. Die Marianne und die Rita, die waren verlegen und der Oma war das auch unangenehm. Meine Eltern haben gesagt, das war wie in einem Hans Moser Film und das es dem Opa bestimmt gefallen hätte. Der Pepi und die Anni sind nicht gekommen, die waren ja in Australien.

Wir sind von der Kirche zum Friedhof gewandert. Alle haben Blumen und Erde ins offene Grab geschmissen. Ich hab dem Opa ein paar Haare von seinem Hund mit ins Grab geworfen. Den hat er so gern gehabt, den Hund. Also hab ich der „Tussi“ ein Büschel Fell ausgerissen, damit der Opa schöne Erinnerunge hat, da unten, unter der Erde.

Dann sind wir alle ins Gasthaus gegangen, zum Leichenschmaus. Ich bin beim Jan gesessen, in den war ich nämlich ein bisschen verliebt. Der Jan ist ein Jahr später mit dem Moped in einen Lastwagen gekracht. Da waren wir wieder beim Leichenschmaus. Diesmal bin ich bei der Oma gesessen.

Bei wem ich damals gesessen bin, wie die Gerlinde gestorben ist, das weiß ich gar nicht mehr. Die Gerlinde war die Tochter aus Omas erster Ehe. Ich hab sie nicht so gut gekannt. Außerdem hab ich sie nicht leiden können. Zu Weihnachten hat sie mir und meinen Geschwistern gebrauchtes Spielzeug geschenkt und geglaubt, wir merken das nicht.

An einem Sonntag hat die Oma im Radio gehört, dass eine Gerlinde P. aus A. wegen Heroinschmuggels verhaftet worden ist. Da hat sie sofort gewusst, dass das ihre Tochter ist. Das die Gerlinde anschaffen gegangen ist, hat sie nicht gewusst. Nur, dass sie die falschen Freunde hat. Eigentlich haben alle geglaubt, die Gerlinde, die ist die Erste, die`s zu was bringt. Aber dann hat sie sich verliebt in einen Junkie und ist selber Junkie geworden und für ihn auf den Strich gegangen. Ein paar Jahre später ist sie dann gestorben, an Gehirnhautentzündung.

Meine Mutter hat nur ein einziges Mal darüber gesprochen, wie es wirklich war. Da hat sie alleine eine Flasche Wein getrunken gehabt. Dann erst hat sie erzählt, es war AIDS. Das durfte keiner wissen. Vorallem nicht die Rita und die Marianne. Gestorben ist die Gerlinde in einer Abstellkammer im Wagner Jauregg. In der Nervenklinik. Wenn da einer eingeliefert worden ist, haben alle gesagt, der ist jetzt in der Wagner Disco und wissend gegrinst. Weil die Gerlinde Anfang der Neunziger gestorben ist, da hat es noch kaum AIDS-Stationen gegeben in den Krankenhäusern, hat man sie zum Sterben einfach weggestellt, damit sich keiner ansteckt.

Im Haus von der Oma sind zwei kleine Zimmer, die hat sie im Sommer an ein altes Ehepaar vermietet. Das war der Marianne gar nicht recht, die hat ihre Wohnung auf dem selben Gang und lebenslanges Wohnrecht. Wenn die Krylls da waren, mussten sie sich ein Klo teilen. Die Marianne und der Friedl, die hatten schon ihr eigenes Klo, aber sie haben lieber das im Stiegenhaus verwendet, damit es bei ihnen in der Wohnung nicht stinkt.

Herr und Frau Kryll waren trotzdem jeden Sommer da und sind an die Donau gegangen, zum fischen. Hin und wieder haben sie mich mitgenommen. Ich habe die Fische gestreichelt, die der Herr Kryll gefangen hat, oder ihnen ins Maul gefasst. Die hatten ganz schön spitze Zähne. Am Abend hab ich zugesehen, wie der die Fische erschlagen und ausgenommen hat. Einmal hat er einen kleinen Aal gefangen. Den hat er an einen Holzpfosten vom Heustadl, wo der Friedl immer geparkt hat, genagelt und aufgeschnitten. Da hat mir ziemlich gegraust.

Ich bin dann doch lieber mit der Oma und dem Opa mitgefahren, wenn sie Suppenhühner gekauft haben. Im Ort war eine Hühnerfarm. Da hat man sich die altersschwachen Hühner, die nicht mehr für die Legebatterie taugen, kaufen können. Der Opa hat jeweils fünf Stück in eine große Schachtel gepackt, dann sind wir heimgefahren. Im Hof, wo auch der Herr Kryll seine Fische ausgenommen hat, hat die Oma einen Hackstock hingestellt. Ich hab mit dem Opa gewettet, dass sie Hühner bestimmt Eier gelegt haben vor lauter Aufregung.

Wir haben ständig gewettet. Zum Beispiel, wenn ich zu Weihnachten mit meinen Eltern bei Oma und Opa war, dass ich so lange munter bleiben kann, bis wir wieder bei uns zuhause sind. Ich hab die ganze Autofahrt lang gesungen, um nicht einzuschlafen, aber der Opa hat mir nicht geglaubt. Die fünf Schilling Wetteinsatz hat er mir jedenfalls nie gegeben. Einmal haben wir Lotto gespielt, ich hab den Schein ausgefüllt und er hat gezahlt. Wir haben gesagt, wir kaufen uns ein Pferd, wenn wir gewinnen. Leider haben wir nur hundertzweiundreißig Schilling gewonnen, davon wollte der Opa siebzig Prozent. Die hab ich ihm aber nicht gegeben, wie ich den Gewinn von der Trafik abgeholt hab, nur die vierundzwanzig Schilling die er bezahlt hat.

Bei der Hühnerwette hab ich jedes Mal gewonnen. Weil immer wenn der Opa den Karton aufgemacht hat, hatte mindestens eine Henne ein Ei gelegt. Wenn dann die Oma gekommen ist mit der Axt, musste ich ins Haus. Am Abend hat es Hühnersuppe gegeben, oder Backhendl.

Die Oma war ja früher Köchin, wie sie noch mit ihrem ersten Mann zusammen war, das war bevor er gestorben ist. Und dann hat sie den Opa geheiratet und meine Mutter bekommen und ist Taxifahrerin geworden. Der Opa hatte ein kleines Transportunternehmen. Er hat immer davon geträumt, mit der Pferdkutsche zu fahren, nicht mit dem LKW. Mir hätte das auch viel besser gefallen.

Der Opa und ich, wir waren beide ganz vernarrt in Pferde. Das hatten wir von meinem Uropa. Den hab ich nur mal auf dem Hochzeitsfoto gesehen, das bei der Marianne im Wohnzimmer steht. Damals hat man noch in Schwarz geheiratet, da hab ich geglaubt der Uropa und die Uroma kommen grad von einem Begräbnis, weil in dem Ort wo die Oma wohnt und die Marianne und die Rita, da sind immer Beerdigungen. Die Wohnung von der Oma grenzt direkt an die Straße und jedesmal wenn ich zu Besuch war, ist ein Trauerzug vorbeimarschiert.

Sonst sind nicht viele Fotos herumgestanden, bei der Marianne nicht und auch nicht bei der Oma, außer von den Enkelkindern halt. Bei der Rita daheim war ich nie. Nur das Bild vom ältesten Bruder vom Opa und der Marianne und der Rita, das hängt auch bei der Oma an der Wand. Da trägt er eine Soldatenuniform. Er ist in Russland gefallen. Fritz hat er geheißen und hätte Pfarrer werden sollen.

Der Opa war auch in Russland. In Gefangenschaft. Das hat er mir mal erzählt, als er grad vom Wirtshaus zurückgekommen ist. Magenkrebs hat er gekriegt, weil sie nichts zu fressen hatten, damals, hat er gesagt. Mehr hat er nicht gesagt. Ein Stück vom Magen haben sie ihm amputieren müssen. Seither hatte er keinen richtigen Appetit mehr. Obwohl die Oma Köchin war. Der Opa ist lieber ins Wirtshaus gegangen und hat Rotwein getrunken. Er soll mit dem Trinken aufhören, hat sein Arzt gemeint. Gestorben ist er allerdings an Lungenkrebs.

Der Friedl, der Mann von der Marianne, war nicht auf dem Begräbnis vom Opa. Dafür ist die Oma nicht auf die Beerdigung vom Friedl gegangen. Den hat sie eh nie gemocht. Einmal hat er den Opa die Treppe hinuntergestoßen, wie der Opa grad aus dem Wirtshaus kam. Säufer hat er zu ihm gesagt, hat der Opa hinterher erzählt. Außerdem hat der Friedl nicht gegrüßt, weder den Opa noch die Oma.

Ein alter Nazi war der, sagen meine Eltern. Die haben geglaubt, wenn ihre Partei an die Macht kommt, dann können sie gratis wohnen, behauptet die Oma, weil die Marianne sich einmal erkundigt hat, wie das so ist mit dem betreuten Wohnen. Dabei hat die Oma selber immer die FPÖ gewählt. Dreißig Jahre lang haben sie fünfhundert Schilling bezahlt für die Wohnung, bis die Oma die Miete erhöht hat auf zweihundert Euro. Da haben die Marianne und der Friedl gesagt sie ziehen aus. Das Parteibuch hat aber die ortsüblichen Mieten auch nicht bezahlt, sagt die Oma. Dann hat die Marianne den Rauchfangkehrer angerufen, er soll doch die Jahresabrechnung an sie schicken. Die Oma hat sich gewundert wo die Rechnung bleibt und auch den Rauchfangkehrer angerufen. So ist dann herausgekommen, dass die Marianne glaubt, die Oma schickt ihr getürkte Abrechnungen. Schließlich hat die Oma das Klo am Gang mit einem Vorhängeschloss abgesperrt. Strom und Wasser sind nämlich über ihren Zähler abgerechnet worden. Weil die Frau Kryll nun Sommer wie Winter daheimbleibt, braucht das Klo ja eigentlich keiner mehr.

Der Herr Kryll ist nämlich eines Abends, da sind sie grad vom Fischen heimgekommen, am Sofa eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Die Frau Kryll ist noch zur Oma gelaufen und hat dort Sturm geläutet, aber weil die Oma so schlecht hört, hat das lange gedauert und dann ist endlich die Rettung gekommen, aber da war der Herr Kryll schon tot. Auf der Beerdigung vom Herrn Kryll war nur die Oma.

Die Töchter von der Marianne haben mit dem Anwalt gedroht, wegen dem Klo und der Miete. Seither grüßen sich die Marianne und die Oma nicht mal mehr, nur die Rita redet noch mit beiden. Die wohnt ja woanders. Die Töchter von der Marianne grüßen auch nicht mehr, also nur die Henni, weil von der Sabine hat man sowieso nur das Auto gesehen, wenn sie zu Besuch war. Die hat mit keinem von uns geredet. Meine Mutter und sie haben sich ganz schlimm gestritten, als ich noch ganz klein war. Nur in meinem Babyalbum, da sind Fotos von der Sabine und ihren Kindern. Das Totenbild von der Sabine ist aktueller. Kennengelernt hab ich sie nie.

Wie die Sabine gefunden worden ist, da war sie seit sechs Wochen abgängig. Ihr Auto hat die Polizei schon nach einer Woche entdeckt. Ihren Leichnam hat ein Bauer in seiner alten Scheune gefunden. Aufgehängt hat sie sich. Depressionen hat sie gehabt. Einmal, vor einigen Jahren, hat sie Schlaftabletten geschluckt, da hat sie ihr Mann noch rechtzeitig gefunden.

Ich hab eine Karte geschrieben, an die Tante Marianne und die Henni und die Kinder von der Sabine. Vielleicht weil ich die Sabine ein bisschen verstehe. „Wieso haben wir nicht gesehen, dass es ihr so schlecht geht. Mein Gott, was muß das Kind gelitte haben?“ hat die Marianne gesagt, wie ich bei ihr war zum Kondolieren. Als sie so dagesessen ist, zwischen all den Totenbildern von den Urgroßeltern und den Brüdern Fritz und Franzl und dem Friedl und der Sabine, da war sie ganz klein und zerbrechlich. Da hab ich daran denke müssen wie es bei mir war.

Wie meine Mutter plötzlich vor mir gestanden ist, damals im Krankenhaus. Sie hat gesagt, sie will nicht, dass ihre Kinder vor ihr sterben. Dabei hat sie geweint.

Ich hab immer nur Angst gehabt davor, dass die Oma stirbt. Nächtelang hab ich mir vorgestellt, was wäre wenn die Oma plötzlich nicht mehr da ist. Ich hab soviel geweint, dass ich am Vormittag in der Schule noch ganz verschwollen Augen hatte. Ich habe mir natürlich auch vorgestellt was wäre, wenn meine Eltern sterben. Als ich noch ganz klein war, da hat mir das schon Angst gemacht. Später dann hab ich mir gewünscht, dass sie nie mehr nach Hause kommen. Ich habe mir ausgemalt, dass ein Polizist kommt und sagt: „Es tut mir leid, aber deine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“ Dann hätte ich meine kleinen Geschwister alleine großgezogen. Oder ich wäre zu meinem richtigen Papa gegangen. Vielleicht hätte ich meine Geschwister mitgenommen, aber nur wenn sie brav waren. Dass die Oma tot ist, hab ich mir nie gewünscht.

Dass meine Mutter weint wollte ich aber auch nicht. „Reiß dich gefälligst zusammen!“ hätt ich am liebsten geschrien. „Weißt du, wie schlimm es ist, sein eigenes Kind nicht anfassen zu dürfen?“, hat meine Mutter geschluchzt. Natürlich hat sie mir leid getan. Weil sie Angst hat vor dem Fluch. Weil in unserer Familie immer das älteste Kind zuerst gestorben ist. Der Franz, der vom Dach fiel, der Hermann, der einen Autounfall hatte, die Gerlinde, der Jan, die Sabine, alle. „Ich hab mir immer gewünscht ich wär die nächste und nicht die Gerlinde!“, hat meine Mutter mal gesagt. Aber sie ist halt keine Älteste, so wie ich.

Als mein Bruder zur Welt kam, da war er der erste Sohn vom neuen Vater. Damals hat sie sicher auch Angst gehabt. Er ist viel zu früh auf die Welt gekommen. Einen Wasserkopf hat er, haben die Ärzte gesagt. Ganz lang ist er im Brutkasten gelegen. Wir waren jeden Tag im Krankenhaus. Ich hab mir immer Cola kaufen dürfen, am Automaten im Erdgeschoß. „Cola ist doch nichts für kleine Kinder“, haben die Schwestern geschimpft und ab und zu mit mir gespielt, weil meine Eltern mussten ja in die Intensivstation, zu meinem neuen Bruder. Der hat eine Lungenentzündung bekommen und keiner hat geglaubt, dass er überlebt. Ich hab meine Bruder gar nicht so interessant gefunden, das Baby mit der Hasenscharte hat mir wesentlich besser gefallen. Das sah lustig aus.

Mein Bruder ist doch gesund geworden, Wasserkopf hatte er auch keinen und überhaupt keine sichtbaren bleibenden Schäden. Als er daheim war, musste er erstmal einen Entzug machen, wegen der Medikamente. Er ist mein Lieblingsbruder geworden, auch wenn er rückfällig wurde. Das sind alle Kinder geworden, die ich kenne, die zu lange im Krankenhaus waren.

Drogen, sagt er, machen, dass er nicht immer so traurig ist. Die Sache mit dem Heroin gefällt mir aber gar nicht, nicht nur wegen der Gerlinde und weil der Freund von unserer Schwester an einer Überdosis gestorben ist. Wie es unserer Schwester da gegangen ist, das weiß eigentlich niemand, weil darüber redet man nicht. Mein Bruder sagt, dass er wird nicht alt werden wird, dass ihm noch drei Jahre bleiben für einen anständigen Rock&Roll Tod. Unser jüngster Bruder hat auch diese Traurigkeit in sich. „Scheiß laissez faire, die Hippies haben ein ganze Generation ruiniert“ haben wir irgendwann mal festgestellt und fürchterlich gelacht dabei. Meine Mutter glaubt, es liegt an ihr. Genetische Disposition nennt man das.

Ganz so wie ich ist aber keiner von uns geworden. Das eine Geschwisterchen wär mir vielleicht ähnlich gewesen. „Ich war so froh als ich dich hatte. Weil ich wusste für dich kann ich deinen Vater verlassen“, hat meine Mutter gesagt. Sie ist aber trotzdem nochmal schwanger geworden. Gleichzeitig mit der anderen Frau. Und weil die schon mal abgetrieben hatte und sonst womöglich keine Kinder mehr kriegen kann, muss meine Mutter abtreiben, hat mein Vater gesagt. Zumindest hat meine Mutter das so erzählt, an dem Abend, wo sie auch von der Gerlinde gesprochen hat. Sie ist sich sicher, es wäre eine Schwester geworden. Die andere Frau hat nur dieses eine Kind gekriegt. Ich hab es einmal gesehen, da waren wir beide noch ganz klein. Ein Drageeosterei hab ich der Schwester geschenkt. Die wusste gar nicht, dass wir Geschwister sind. Meine Mutter hat geweint, wie sie davon gesprochen hat, sie wäre sicher gerne getröstet und umarmt worden.

Aber ich umarme niemanden. Nur die Oma. Weil sie mir immer den Rücken gekrault hat, wenn ich bei ihr war und nicht schlafen konnte. Die Oma hat schrecklich laut geschnarcht und zwischendurch ganz lange nicht geatmet. Ich habe jedesmal geglaubt sie stirbt. Da hab ich sie dann aufgeweckt und gesagt, sie muß mir denn Rücken kratzen, weil wenn sie sich bewegen kann, dann kann sie ja nicht tot sein. Das hat sie abgelenkt und sie hat wieder regelmäßig geatmet und ich war beruhigt, dass sie noch lebt. Die Oma hat nur mich gekratzt.

Bei der Oma durfte ich auch fernsehen. Wie der Opa noch gelebt hat, hat er auf der Couch im Wohnzimmer geschlafen. Ich hab gewartet bis er ganz fest eingeschlafen ist, hab den Fernseher wieder eingeschalten und alles angeschaut, was man als Kind gar nicht sehen darf. Wenn im Film jemand umgebracht worden ist, dann hab ich gewusst, das ist ja nur ein Film und gelacht. Bei Tierfilmen hab ich aber jedesmal geweint, wenn einem Tier was passiert ist.

Einmal hab ich eine Film gesehen, da hat ein Bub einen Adler ausgebrütet. Da wollte ich auch probieren ein Ei auszubrüten. Also hab bei der Oma die Hühnereier aus dem Kühlschrank genommen und in meinen Schmusepolster gesteckt. Den hab ich auf den Kachelofen gelegt oder herumgetragen und an den Bauch gedrückt, damit das Ei warm bleibt. Nach ein paar Stunden hab ich mich immer versehentlich draufgesetzt.

Die Tante Marianne hatte einen Käfig mit Zebrafinken im Vorraum stehen. Ich bin zu ihr in den ersten Stock geschlichen und hab die Vögel beobachtet.

Zuhause bin ich in den Wald gegangen. Dort hab ich Bäume gesucht, mit Nestern dran. Wenn es kleine Bäume waren, dann bin ich draufgeklettert und hab die Vogelküken herausgenommen. Die sind aber noch am selben Tag eingegangen. Wenn die Oma und der Opa Suppenhühner kaufen waren, hab ich jedesmal vergeblich darum gebettelt, dass sie eines am Leben lassen und mir schenken. Die Sache mit den Vogelküken hab ich nie jemandem erzählt, aber ich wollte Tierärztin werden, damit ich wieder gutmache, was ich angestellt hab.

Ein Huhn wollte mir der Opa nie kaufen, aber ein Pony. Und nach Australien wollte er mich mitnehmen. Wir wollten zur Tante Anni fliegen, die war nämlich seine Lieblingsschwester. Die Tante Anni hat Karten geschreiben aus Australien und Packerl geschickt, mit Plüschkoalabären.

Dass der Opa mir kein Pony kaufen wird, hab ich gewusst. Ich hab auch gewusst, dass mein richtiger Vater mir kein Pony kaufen wird, obwohl er es versprochen hat. „Wenn du abnimmst, kauf ich dir ein Pony“, hat er gesagt, als es niemand sonst hören konnte.

Dem Opa war egal wie ich aussehe. Ich hab gewusst, dass der Opa sehr krank ist und mir deshalb kein Pony kaufen wird. Mein Vater, der war gesund. Er wär trotzdem nicht mit mir zur Pferdemesse gefahren, der Opa schon. An dem Tag hab ich aber leider was vorgehabt. Im Jahr darauf hat der Opa nicht mehr gelebt.

Nach Australien sind wir auch nicht mehr gekommen. Dafür war die Tante Anni in Österreich und hat den Opa noch ein letztes Mal gesehen.

Nach Australien wär ich schon sehr gern geflogen. Nach dem Krieg sind viele Leute dorthin ausgewandert. Weil das Leben dort besser ist, hat es geheißen. Drum sind auch die Anni under der Pepi fortgegangen. Die anderen Geschwister haben nicht den Mut dazu gehabt oder sie hatten schon ein gutes Leben.

Ich hab mir auch immer ein besseres Leben gewünscht. Ich hätte mir ein Haus gekauft und ein Pferd und dann hätten mich alle Leute besuchen dürfen. Auch Nachts und am Sonntag. Nur meinen Vater hätte ich nie eingeladen. Ich hätt ihm nur eine Postkarte geschickt. Mit einem Kookaburra, einem lachenden Hans drauf. „HA!“, hätte ich geschrieben, „und du hast behauptet ich sei nicht lebensfähig. HA!“ Die viele Sonne wär gut für`s Gemüt, hab ich mir gedacht. Den Mut zu gehen hab ich allerdigs nie gehabt.

Doch selbst sie Tante Anni ist letzten Endes zurückgekommen.

„Was schleppst denn da dauernd rum in dem Plastiksackerl?“ hat die Oma den Onkel Pepi neulich gefragt, weil sie sich für ihn geschämt hat.

Die Urne von der Tante Anni hat er drin in dem Billasackerl, jetzt schämt sich die Oma noch mehr, weil der Pepi so verrückt ist. Dabei nimmt er mit der Anni nur noch mal zu all den Plätzen mit, wo sie früher als Kind gespielt haben und wo es schön war.

Ich wette, irgendwann machen mein Bruder und ich das auch so.

Donnerstag, 1. November 2007

reimgenerator zufall

zufall

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privataudienz

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der pöbel unter sich

Ich finde die beamtenhaft...
Ich finde die beamtenhaft anmutende Pause in diesem...
bob (Gast) - 23. Dez, 10:14
Das ist doch unglaublich....
Das ist doch unglaublich. Glaub ich.
textorama (Gast) - 22. Sep, 17:11
Wohl eher ein naturhysterisches...
Wohl eher ein naturhysterisches Diorama. Die beiden...
textorama (Gast) - 22. Sep, 17:10
gemüsehunger, immer zur...
gemüsehunger, immer zur unzeit... längst licht aus...
p. (Gast) - 9. Aug, 04:03
gemüsefach hatte an dem...
gemüsefach hatte an dem tag bereits geschlossen.
MoniqueChantalHuber - 6. Aug, 07:58
auf n sprung ins gemüse?
auf n sprung ins gemüse?
p. (Gast) - 6. Aug, 03:56
klammern halten die großen...
klammern halten die großen scheine einfach besser zusammen.
MoniqueChantalHuber - 3. Aug, 16:08
Klammern anstatt Rettungsschirm,...
Klammern anstatt Rettungsschirm, sehr clever.
mq (Gast) - 2. Aug, 09:08
eine fabelnhafte idee.
eine fabelnhafte idee.
MoniqueChantalHuber - 1. Aug, 22:30
Ich überlege gerade,
ob es nett wäre, wenn sich könig egon ladislaus froschojewsky...
schreiben wie atmen - 1. Aug, 22:18

kundmachung

dieser weblog basiert im wesentlichen auf texten, fotos sowie illustrationen von MoniqueChantalHuber und alter egos. moralisch inakzeptable wortmeldungen, sofern sie nicht der feder ihrer majestät entspringen, werden mitsamt verfasser an den pranger gestellt, gevierteilt oder am scheiterhaufen verbrannt. die zensurgewalt von MCH bezieht sich jedoch bedauerlicherweise nur auf ungehörige kommentare innerhalb ihres hoheitsgebietes. und legasthenie ist lediglich ein schönheitsfehler.

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Zuletzt aktualisiert: 24. Jul, 02:02

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